Bericht: Verena Röschmann
Foto: Katja Grescher-Said
So, dieses Jahr war es also soweit. Mein Mann, Maik, und ich hatten beschlossen, unsere siebenjährige Berber-Stute, Fadjira al Ayur, zur Stutbuchaufnahme zu bringen. So eine Sache muss man lange im Vorweg planen, da die Berber-Treffen immer verteilt in Deutschland stattfinden. Das ist ein kleiner Nachteil, wenn man einen Vertreter einer so seltenen Rasse wie den Berber besitzt; man hat nicht wie bei den Warmblütern in fast jedem Dorf jährlich eine Stutbuchaufnahme. Und ganz nach Süddeutschland wäre für uns Nordpflanzen dann doch etwas weit. Aber dieses Jahr war eine Stutbuchaufnahme in Bielefeld geplant, das war zumindest schon deutlich näher.
Als wir uns anmeldeten, war Bielefeld noch monatelang weg, aber dann raste die Zeit auf einmal, meine Nervosität stieg - was, wenn ich etwas falsch machte, wenn ich stolperte oder - oh mein Gott - hinfiel oder mich so blöd anstellte, dass Fadji sich nicht schön zeigen konnte? Schweißtreibende Gedanken, das kann ich jedem versichern. Dann, viel zu schnell, war es Freitag, der 16.08., der Abfahrtstag. Maik musste noch arbeiten, aber ich hatte mir den Tag frei genommen, denn es galt ein Offenstall-Pferd schau-fertig zu machen. Fadjira ist (noch) ein Rappschimmel, zum Glück noch mehr Rapp- als Schimmel, aber den Schweif weiß zu bekommen war eine Herkulesaufgabe mit vielen Waschgängen und Waschmitteln (man hat sich ja vorher schon Tipps geholt), die ich wirklich so schnell nicht wiederholen möchte (und ich glaube, Fadji auch nicht).
Das Wetter war wunderschön und sehr warm. Nachmittags holte ich Maik ab und los ging's. Wegen des üblichen Wochenendstaus auf der Autobahn kamen wir erst so gegen 19.00 Uhr auf der Reitanlage Hollmann-Raabe in Bielefeld an. Nachdem das Pferd versorgt war, checkte Maik im Hotel ein. Ich meldete uns beim VFZB an und ging dann zur Mitgliederversammlung. Das Reiterstübchen war, wie die Anlage überhaupt, sehr schön. Die Anlage selbst war beeindruckend groß, mit 2 Reithallen, einem großen Außenplatz, schönen Weiden und mehreren Ställen.
Trotzdem es "nur" eine Stutbuchaufnahme für den Norden war, kein großes Berber-Treffen mit Championaten, kamen mehr Pferde, als ich erwartet hätte, insgesamt waren es 10 Stuten (davon 2 mit Fohlen bei Fuß) sowie vier Hengste (davon einer außer Konkurrenz). Es waren schöne Pferde, ich konnte mich gar nicht satt sehen. Der Wettergott spielte auch größtenteils mit, worüber alle froh waren - gerade, wenn man das Berbertreffen 2010 in Dillenburg in Erinnerung hatte, auf dem es wirklich wie aus Eimern schüttete.
Am Samstag ging es morgens los mit der Vorstellung der Pferde, zuerst das Identifizieren, das Messen und die Pflasterprobe. Natürlich - wie sollte es auch anders sein - hatte Fadji die Nummer 001. Somit war ich bei allem als erste dran, ich, der Anfänger, der sowas noch nie gemacht hat. Aber ok, alles was einen nicht tötet, härtet einen ab. Da gab es dann auch schon den ersten Adrenalinstoß, als der verflixte Identifikationschip im Pferdehals Verstecken mit uns spielte und mein Besitzer-Name im Pferdepass auch. Zu meiner Erleichterung regelte sich das alles nach einigem Suchen, es wurde festgestellt, dass Fadji Fadji war, ich ich und ich Fadjis Besitzerin. Uff, Identitätskrise abgewendet.
Nachdem alle gepflasterprobt waren, kam der Freilauf. Man durfte wählen, ob die Pferde ganz frei oder an der Longe vorgestellt werden sollten. In einer Halle war eine Hälfte abgetrennt, so dass ich mich für ganz frei entschied, da Fadji, nun ja, also, ich kann mir nicht vorstellen, dass von ihren Vorfahren viele zur Gründung des englischen Vollbluts als Rennpferd beigetragen haben oder sie ist eindeutig aus der Art geschlagen. Ihr Motto ist eher "In der Ruhe liegt die Kraft" und da passen wir sehr gut zusammen.
Danach kam die Mittagspause, in der man Gelegenheit hatte, mit vielen alten Bekannten zu plaudern und Neuigkeiten auszutauschen. Nach der Pause ging es weiter mit der Einzelvorstellung der Pferde. Zuerst wurden alle Stuten gemeinsam in einem Zirkel vorgestellt und danach einzeln auf der Dreiecksbahn im Schritt und Trab.
Im Anschluss wurde die Gehorsamsprüfung durchgeführt, für die ich, zugegebenermaßen, nicht geübt hatte. Aber Fadji meisterte auch das zu meiner Zufriedenheit, nur beim Hinterherziehen des Klappersackes über eine Metallleiter machte sie zum Schluss einen Satz, um sich das laute Ding anzusehen, und als die Zuschauer klatschten. Applaus kannte sie nun auch überhaupt nicht. Alles andere, Plane, Sprühflasche, Regenschirm, Flattertor waren kein Problem für uns. Als das Flattertor übrigens noch draußen stand, nutzten einige Reiter der Anlage die Gelegenheit, es ihren Pferden ebenfalls zu zeigen und es gab viel Gelächter, Anfeuern, Beifall und Gespräche, alles ganz zwanglos und sehr nett.
Aber dann kam er, der Moment, vor dem alle etwas Magenflattern hatten: die Beurteilungsbekanntgabe. Hier möchte ich noch erwähnen, dass nicht nur mein Nervenkostüm unter der Anspannung litt. Den anderen ging es ähnlich und es war tröstend zu wissen, dass man nicht als einzige an den Nägeln kaute. Und eigentlich war es einem ja auch klar, dass das Ergebnis nicht überlebenswichtig ist, denn das Pferd ist hinterher das gleiche und man liebt es genau so wie vorher. Das weiss man alles, aber trotzdem ... man ist einfach aufgeregt und ein Prüfungsmensch bin ich sowieso nicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der wir nicht aufgerufen wurden und mein Puls deswegen schon wieder stieg, endlich die Erlösung: Fadji wurde heran gebeten und - wir erhielten PK 1. Wenn ich keine Ohren gehabt hätte, ich hätte im Kreis gegrinst, ich war unglaublich glücklich und stolz auf meine Kleine und hätte die ganze Welt umarmen können. Als Sahnehäubchen wurden die beiden PK 1-Stuten noch durch den marokkanischen Richter zum internationalen Berber-Championat in El Jadida eingeladen, worüber wir uns natürlich nochmal extra freuten. Fadji hingegen befasste sich eher mit bodenständigeren Dingen wie z.B., was wir denn da alles als Preise erhalten hatten und ob man die Dinge vielleicht fressen könnte. Ganz meine Fadji eben, unverändert.
Nachdem alle Pferde wieder versorgt waren, ging es zum Abendessen mit viel Erzählen und Neuigkeiten. Danach hielt Christin Krischke noch einen hochinteressanten Vortrag über das Berberpferd und die Auswirkungen richtigen und falschen Reitens auf die Pferde, über den dann noch angeregt diskutiert wurde. Abends waren Maik und ich wie erschossen und litten eindeutig unter Reiz- und Informationsüberflutung. Ich weiß nicht mehr, wann wir im Bett lagen, aber wir schliefen wie die Steine.
Sonntags hatte Fadji dann frei, der Reitstallbesitzer erlaubte netterweise, dass sie auf eine der Weiden könne, so dass wir etwas mehr Zeit zum Zuschauen hatten. Das kommt auf alle Fälle zu kurz, wenn man selbst vorstellt! Am Sonntag fand noch die Vorstellung und Leistungsprüfung der Hengste statt sowie die Leistungsprüfung der Stuten. Das hatte ich mir dieses Mal noch nicht zugetraut und wollte erst einmal sehen, wie das so läuft. Es waren sehr schöne Vorstellungen dabei und es hat Spaß gemacht zu sehen, wie Reiter und Pferd zusammen arbeiteten. Sehr positiv fand ich, dass vom Richtergremium immer wieder betont wurde, dass man diese Prüfung nicht wie eine FN-Prüfung beurteile sondern eben die Willigkeit und Bereitschaft des Pferdes in den Vordergrund stelle. Und man konnte wirklich schönes, pferdefreundliches Reiten sehen. Das hat mir sehr gefallen.
Zum Schluss wurden dann einige Pferde noch einmal herein gebeten und es wurde für die Zuschauer eine vergleichende Beurteilung durch den marokkanischen Richter abgegeben. Es war wirklich aufschlussreich erklärt zu bekommen, welches Pferd wo seine Stärken hatte und was wie beurteilt wurde.
Nach dem offiziellen Ende wurden nach und nach die Pferde verladen, man verabschiedete sich und machte sich auf den Rückweg.
Abschließend möchte ich mich noch entschuldigen, wenn ich hier nicht alle Dinge erzählt und genannt habe, aber dieses Wochenende ist so an mir vorbei gerauscht, dass ich nur meine eigenen Eindrücke widergeben kann, ein Unbeteiligter hätte sicher einen vollständigeren Bericht abliefern können. Aber erwähnen möchte ich noch, dass alle vom Vorstand und dem Organisationskommittee immer freundlich waren und viiiel Geduld und Verständnis für aufgeregte Pferdebesitzer hatten. Herzlichen Dank nochmal für die viele Arbeit, die ihr wieder in dieses Berber-Treffen gesteckt habt!
Es war toll, die ganzen bekannten Gesichter wieder zu sehen, wir treffen uns ja leider nicht so oft, und es gab viel zu gucken, zu erzählen und zu erfahren. Und ich glaube, wir - womit ich vor allem die Züchter und Verbände meine - können wirklich stolz sein auf das, was wir beim Berber erreicht haben.
Und Fadji? Wir sind ohne Frage stolz auf sie, hauptsächlich auch wegen ihrer beispielhaften Gelassenheit, mit der sie dieses aufregende Wochenende gemeistert hat. Ihr ist der Erfolg natürlich ziemlich wurscht. Sie hat sich nur gefreut, wieder zu Hause zu sein, hat kurz ihre Mädels aufgemischt, um klarzustellen, dass die Chefin wieder da ist, ist ein paar Mal über die Weide galoppiert und hat genossen, dass ich sie zur Feier des Tages ohne Freßbremse auf die Weide gelassen habe.
Berber eben
VFZB e.V.
Verein der Freunde und Züchter des Berberpferdes
In Deutschland und Österreich bundesweit anerkannte Züchtervereinigung für Berber- und Araber-Berberpferde
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